Ohne Öffnungszeiten
Ohne Angestellte (nur Schefs)
Ohne Handeln
1000 Jahre alt
Renoviert seit 1673
Auf kleinster Verkaufsfläche größte Handlungsspannweite.
Ägyptische Schuhe im Omar Sharif Stil.
Untragbare Hüte von Lazar Lyutakov .
Marokkanisches und Bücher (Anna und Christoph Braendle, Schriftsteller).
Selbstgemachte Marmelade vom Profi Fotografen (Markus Rössle).
Farbenprächtige koreanische Bauernhosen.
Bücher über Artisten (Harpune Verlag)
Feinste Tuchware (Clemens Luser)
Flaschengeister (Helge Timmerberg)
Unser Mann in Übersee (Michael Volk)
Unsichtbares (Tomas Saraceno)
Adresse: Sonnenfelsgasse 3/0
Im Hinterhof der 12 Apostel
Um auf ein paar Punkte im Einzelnen einzugehen:
1. Der Laden heißt Schop, weil wir die Anglizismen nicht abrupt, sondern fließend zurück germanophilisieren wollen und das Ergebnis dieses Wollens irgendwie arabisch klingt. Damit erreichen wir immerhin drei Sprachwelten.
2. Ohne Öffnungszeiten kann für Sie gut oder weniger gut sein, das ist eine Frage der Perspektive. Denn es bedeutet auch, ohne feste Schlusszeiten. Bei uns finden Sie zwar nur manchmal einen Verkäufer an, aber das rund um die Uhr.
3. Keine Angestellten, nur Schefs, bietet Ihnen hingegen ausschließlich Vorteile. Selbst der beste Angestellte ist niemals so motiviert wie der Schef, wenn es darum geht6 Ihnen Geld aus der Tasche zu ziehen. Und selbstverständlich wissen wir, das Schefs ohne S geschrieben wird, aber auch hier führt eine geringfügige Änderung des Wortes a) direkt in den Orient, wo ein Schef ein Scheich ist oder gleich ein Scheich und b) hört es sich dazu fast noch ur – wienerisch an. Wir sagen „fast“, denn um den vollen Dialekt unserer geliebten Donaustadt zu treffen, müssten wir das e verdoppeln (Scheefs), und das wäre uns dann zu viel.
4. Ohne Handeln ist natürlich nicht ganz ernst gemeint. Natürlich handeln wir. Aber immer zu Ihren Ungunsten. Unser Rat: Sie sollten auf Nummer Sicher gehen und die Festpreise akzeptieren.
5. 1000 Jahre alt, fast hätten wir 1000 und ein Jahr geschrieben, ist keine märchenhafte Übertreibung. Die Grundmauern des Hauses, in dessen Hinterhof sie unseren Schop finden, wurde noch 200 Jahre vor den Habsburgern und sechshundert Jahre nach den Römern, also zu Beginn des Mittelalter, gelegt, was für uns nur von Vorteil sein kann, denn damals baute man gegen Tot und Teufel. Finanziert wurde das Haus mit dem Lösegeld, dass Leopold der Tugendhafte, für die Freilassung von Richard Löwenherz kassierte, den er genau für diesen Zweck kurz vorher in Wien hatte verhaften lassen. Der Kreuzritter fand das natürlich widerlich und auch wir fragen uns, ob der Bauherr seinen Beinamen verdient, denn was ist an Kidnapping tugendhaft?
Trotz ihrer soliden Mauern erlitt die Immobilie in den Wirren und Feuersbrünsten der nächsten sechshundert Jahre zahlreiche Totalschäden, aber als im Feuerschein brennender Hexen das finstere Zeitalter ausklang, wurde sie vollständig renoviert und der mit bis heute schönsten Barockfassade Wiens verziert. Das Haus ist übrigens wie ein Eisberg. Man sieht nur die Spitze. Unter uns sind Keller mit Treppen zu tieferen Kellern, deren Treppen zu noch tieferen Kellern führen, zu Kellern – Sälen mit Gewölbedecken, aber auch zu kleinen Kellern und Höhlen artigen Kellern, in denen während der letzten tausend Jahre weiß Gott was passiert ist. Weil das Haus für viele Jahrhunderte zum Stephansdom gehörte, haben in ihm Generationen von Mönchen gebetet, gesungen und onaniert, bevor es der Unterwäsche – Hersteller „Palmers“ aufkaufte. Aber auch das ist bereits wieder Geschichte. Heute befindet sich das Haus im Besitz eines Wiener Immobilien – Delphin.
6. Zu der Angebots – Palette des Schops ist zu sagen, das ägyptische Schuhe im Omar Sharif Stil keine sieben Meilen Stiefel sind. Sie beschleunigen nicht die Schritte, sondern verlangsamen sie. Wer wissen will, wie Omar Sharif die Erde unter seinen Füßen fühlt, wird mit ihnen gut bedient. Natürlich reicht es nicht aus, wie Omar Sharif zu gehen, um Omar Sharif zu verstehen, natürlich nicht, aber es gibt schon Mal ein Omar Sharif – Fußgefühl. Für nur sensationelle 97,70 Euro. Die untragbaren Hüte sind dagegen preislich noch nicht definiert, zu sehr ringen wir noch mit unserer Einschätzung ihres Werts. Wir sind ein transparentes Unternehmen und lassen Sie gerne an der Rechnung teilhaben. Material, plus Schicksal, plus Kunst, was mag das kosten? Das Material stammt von Austria Email, dem größten österreichischen Hersteller von emaillierten Warmwasserbereitern. Das Schicksal greift ein, wenn während der Produktion das Gehäuse eines Warmwasser – Beulers verbeult, verplättet zerrissen oder sonst wie explodiert, und der inspirierte menschliche Unterhaltungswille hat aus dem Produktionsfehler einen Hut geschaffen, den sich niemand aufsetzen kann. Man kann ihn nur balanzieren. Auch das spricht für die Ware. Sie spekuliert nicht auf eine Doppel – Nutzung, sie ist nicht tragbar und damit auch kein Gebrauchsgegenstand und / oder Mode, nein, die untragbaren Hüte sind konsequente Nutzlosigkeit, also Kunst, und nun fragen wir Sie noch einmal: was kostet so was, was darf so was kosten, was muss so was kosten, damit die Welt nicht die Achtung vor dem Künstler verliert? Kein Problem bei der Preisgestaltung gibt es für die selbstgemachte Marmelade vom Profi Fotografen (7,70 Euro ohne, 70,- mit Foto) und die farbenprächtigen koreanischen Bauernhosen, die sich kein koreanischer Bauer leisten kann, denn sie kosten bei uns in etwa das Doppelte seines monatlichen Einkommens, und das auch nur, weil es Kinderarbeit ist, Spaß. Hallooooo. Man wird sich doch noch einen Spaß erlauben dürfen. Selbstverständlich wurden sie von glücklichen koreanischen Frauen genäht, die 30 Stunden die Woche, also vier pro Tag, in Licht durchfluteten Prototypen von Wellness – Fabriken arbeiten. Die Nähmaschinen stehen unter echten Palmen zwischen Whirlpools, Schwimmbecken, Dampfsaunas und Wasserrutschen. Nicht nur die Näherinnen können dieses Angebot in zahllosen Pausen nutzen, sondern auch deren zahllose Kinder. Die Frauen sind kranken, sozial und rentenversichert, haben 15 Wochen pro Jahr Urlaub, sowie das Recht, jeden sogennanten Fenstertag für ein verlängertes Wochenende einzuplanen. Außerdem stehen ihnen jegliche religiösen, traditionellen, nationalen und familiären Feiertage bezahlt zur freien Disposition. Um ihnen im Kampf gegen die häusliche Gewalt beizustehen, werden kostenfreie Kurse in Eiertreten angeboten und dem Burn Out Syndrom unserer koreanischen Näherinnen begegnen wir mit Betriebsausflügen nach Hawai. Den Hula Hupp ring können sie mit nach Hause nehmen. Mehr fair trade geht nicht für 87 Euro. Und ein paar Zerquetschte. Und was die Flaschengeister angeht, auch da gibt es gute Nachrichten. Wir haben noch einen rein bekommen. Regidür, den Geist gegen die Angst vor der Drittfrau.
Wien 2012, Helge Timmerberg